BR-KLASSIK

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Sonntag, 12.01.2020

23:05 bis 00:00 Uhr

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Das Monschaf steht auf weiter Flur | Bildquelle: © marixverlag

Bildquelle: © marixverlag

Musik der Welt

Das Mondschaf und die Wunderkuh

Fremde Länder, fremde Klänge in Features, Reportagen und Interviews. Ein internationales Autoren-Team präsentiert Musik rund um den Globus, vom Porträt bis zum Konzertmitschnitt.

Erinnern Sie sich noch, was in der Familie gesungen wurde? Erinnern Sie sich an Schlaflieder, an Wiegenlieder, die Sie vielleicht Ihren Kindern vorgesungen haben? An die Straßenlieder und Gassenhauer ihrer eigenen Kindheit? Waren die anders? Diese Erinnerungen erzählen uns jede Menge über unsere Identität, über Herkunft und Wurzeln. „Wiegenlieder aus aller Welt“ prägten meine eigene Kindheit, eine Schallplatte der Kinderhilfsorganisation „Terre des Hommes“ Anfang der 1970er Jahre, einfache Tondokumente mit Schlafliedern aus verschiedenen Ländern der Erde. Da sang eine Koreanerin „Uri Aki“ und daneben eine Spanierin mit rauer Stimme ihr warmes „Arroro mi nino“. Eine schwarzamerikanische Sopran-Stimme entführte uns in die Welt kleiner Pferde und eine pakistanische Mutter intonierte in seltsamer Tonalität ihr trauriges „Lori, lori“ … Was für eine fremde Welt!
Originalstimmen, aufgenommen vor Ort, erzählten von den Färbungen unterschiedlicher Tonalitäten, von Sprach-Räumen und Kinder-Träumen. „Di-di-pi-juan Liao“, das chinesische Lied begeisterte mich besonders. Ich sang es oft nach und versuchte, die Sprache nachzuahmen. Irgendwann kam mein Vater ins Zimmer und sagte: „Sing das nochmal … richtig, die Terz ist nicht groß und nicht klein, die ist genau in der Mitte und Du singst es genauso.“ Was für eine Frage, keine Kuckucksterz in Moll und auch keine Dur-Terz? Was dann? So wurde ich Musikologin. Die chinesische Terz und die Lieder gibt es noch.
Inzwischen veröffentlicht auch der Carus-Verlag regelmäßig ein Liederprojekt, Kinderlieder und Schlaflieder, Weihnachtslieder aus aller Welt und auch Wiegenlieder aus aller Welt. Die nun sind weit entfernt von den wundersamen Originalaufnahmen mütterlicher Stimmen von damals, ohne Instrumente und ohne technische Hilfen. Aber es entsteht etwas Neues: Eine neue deutsche Identität, die sich einbettet in eine europäische Identität. Da sind viele deutsche Lieder, in verschiedensten Sprachen, aber auch ungarische neben italienischen, oder finnische neben französischen Liedern. Und Türkisch, Hebräisch und Arabisch ist auch dabei. Und das Ganze auch noch zum Mitsingen … für Alle!

Neue Identitäten durch Kinder- und Wiegenlieder
Von Friederike Haupt

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